: Gesucht: Spektakel
Nach dem unerquicklichen 1:1-Unentschieden zwischen Schalke 04 und dem FC Bayern richtet sich der Frust der Verantwortlichen gegen Dritte
AUF SCHALKE HOLGER PAULER
Fabian Ernst verließ wenige Minuten nach Abpfiff frisch geduscht die Schalke-Arena. Gequält lächelnd und wortlos bestieg er die Rolltreppe nach oben. Der Nationalspieler war im Spiel der Schalker gegen den FC Bayern München bereits zur Halbzeit ausgewechselt worden. Ernst fand, wie es so schön heißt, keine Bindung zum Spiel. „Er hatte schon Gelb, außerdem wollte ich mit dem schnelleren Hamit Altintop über außen mehr Druck erzeugen“, lieferte Schalke-Trainer Ralf Rangnick eine Erklärung. Nationalmannschaftskollege Kevin Kuranyi wurde nach sechzig Minuten ebenfalls vorzeitig ausgewechselt.
Ob beide den Ausgleich ihres Teams noch mitbekommen haben, war nicht zu erfahren. In der Nachspielzeit hatte Fifa-Schiedsrichter Markus Weiner den Gastgebern einen zweifelhaften Elfmeter zugesprochen. Der Däne Sören Larsen bediente sich des Angebots und verwandelte sicher zum 1:1. Der unspektakuläre Spitzenkampf zwischen Schalke 04 und dem FC Bayern fand ein unerwartetes Ende.
Passivität nach der Pause
„Länderspiel war schon“, hätte man spätestens zur Halbzeit den Akteuren – vor allem dem halben dutzend bundesdeutschen Nationalspielern – am liebsten hinterher rufen wollen. Ähnlich uninspirierte Auftritte war man zuletzt eher von der DFB-Elf gewohnt: lässiges, tempoarmes Ballgeschiebe der Bayern, Verwirrung in der Schalker Hintermannschaft. Die Bayern nutzen die Zuordnungsprobleme der Gastgeber zwar zum frühen 1:0 durch Roque Santa Cruz. Doch bezeichnenderweise stand Zé Roberto bei der Vorbereitung im Abseits. Verdient war der Treffer dennoch. „Wir hätten zur Halbzeit 4:0 führen müssen“, sagte ein erboster Bayern-Manager. Und auch Trainer Felix Magath warf seiner Mannschaft Passivität nach der Pause vor. „Da darf man sich nicht wundern, wenn man spät durch einen zweifelhaften Elfmeter bestraft wird.“
Der Ärger über die verlorenen Punkte und die zweifelhaften Schiedsrichterentscheidungen spielten später keine Rolle mehr. Die Verantwortlichen beider Vereine gingen schnell zur Tagesordnung über. Ralf Rangnick und Felix Magath kritisierten vielmehr die übermäßige Belastung der Nationalspieler. Teamchef Jürgen Klinsmann wurde zudem vorgeworfen, dass er sich die Partie in der Schalke-Arena nicht anschauen wollte. Bayern-Manager Uli Hoeneß wurde deutlich: „Er soll hier herkommen.“ (siehe Press-Schlag) Sein Schalker Managerkollege Rudi Assauer ergänzte: „Das geht auf Dauer nicht gut. In der Liga rumort es im Moment wirklich.“ Unterstützung erhielt Klinsmann von Bayern-Spielmacher Michael Ballack. „Wir müssen alle zusammenhalten, dann kommen wir auch aus diesem kleinen Tal heraus.“ Zuletzt fehlte Michael Ballack bei der Nationalmannschaft krankheitsbedingt.
Klinsmanns Gegenschlag
Dass die Argumente der Bundesliga nicht gerade überzeugend sind, ist auch Klinsmann aufgefallen: Am Samstagabend lästerte er in der ARD-Sportschau über das Niveau der ersten Klasse: „Die Liga befindet sich momentan auf Platz sechs der Uefa-Fünfjahreswertung und wenn das international so weiter geht, wird auch Portugal uns demnächst überholen.“ Will heißen: Der Verlust des dritten Champions-League-Platzes droht. Das Spiel in der Schalke-Arena hatte Klinsmann nicht vor Augen. Informiert war er trotzdem. Sein Kotrainer Joachim Löw und Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff waren in der Arena AufSchalke anwesend. Besserung konnten auch sie nicht vermelden.
Beide Seiten, Bundesliga und Nationalmannschaft, haben ein Problem: das fehlende Niveau des deutschen Fußballs. Die vermeintliche Spitzenbegegnung vom Wochenende bestätigte dies. Meisterlich ambitioniert trat keines der beiden Teams auf. Der späte Ausgleich sorgte dafür, dass der FC Bayern seine Tabellenführung an Werder Bremen verlor. „Die Bremer sind sehr stark. Das war vor der Saison nicht zu sehen“, sagte Felix Magath. Für ihn waren bislang die Schalker die „beste Mannschaft nach den Bayern“. National. Und im internationalen Vergleich brauchen die Bayern sowieso keines der beiden Teams zu fürchten. Nach zwei Siegen in der Champions League läuft es für die Bayern nach Plan. Für Schalke (in Istanbul) und Bremen (in Udinese) geht es dagegen am Dienstag und Mittwoch schon um die letzte Chance. Auch das ist bezeichnend für den nationalen Spitzenfußball.